Manchmal sind es nicht die Fragen und Themen, die direkt mit der Fotografie zu tun haben, die dich zu besseren Bildern führen. Ob andere Kunstformen, Beobachtungen deiner Umwelt, Sport, Psychologie oder Philosophie – du kannst aus vielen Bereichen wertvolle Schlüsse ziehen, die sich auf die Fotografie übertragen lassen.
Viel Freude mit diesem Beitrag aus der Serie “Foto-Fleißaufgabe”, in der wir dir regelmäßig Impulse und fotografische Trainingsübungen geben.
Kürzlich bin ich über zwei Zitate gestolpert, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Und zwar darüber, warum Leidenschaft für ein Thema – sprich ein starkes “Warum” – von entscheidender Bedeutung ist, um als Straßenfotograf:in (aber auch in jedem anderen Genre) Spaß und Erfolg zu haben.
Lisette Model hat diesen Gedanken mit folgenden Worten ausgedrückt:
"Fotografiere nie etwas, das dich nicht interessiert".
In dieser einfachen Aufforderung steckt ein tiefgründiger Gedanke. Statt nach außen zu schauen, was gerade im Trend ist, solltest du den Blick nach innen richten und dich fragen:
Was begeistert und fasziniert dich?
Sowohl thematisch als auch in Bezug auf die Ästhetik.
Street Photography ist weit mehr als nur das Festhalten flüchtiger Momente im öffentlichen Raum. Sie ist eine Kunstform, die dich dazu herausfordert, den Puls deiner Umgebung zu fühlen, die Energie der Menschen einzufangen und Geschichten zu erzählen, die oft im Alltäglichen verborgen sind.
Das kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise geschehen. Der eine stellt gerne Menschen in den Mittelpunkt, während andere widerum den Fokus auf Licht, Linien oder Grafik legen.
Doch egal, was auf dich zutrifft: Um diese besonderen Momente authentisch einzufangen, bedarf es einer intimen Verbindung zum Geschehen, die du nur durch eine leidenschaftliche Hingabe an das jeweilige Thema erreichst.
Wenn deine Antennen nicht auf Empfang sind, registrieren deine Sinne nicht, was um dich herum passiert.
Überträgt man Lisette Models Ratschlag auf die Straßenfotografie, wird deutlich, dass die Kamera nicht nur ein Werkzeug ist, um ein beliebiges Bild aufzunehmen. Sie wird zur Erweiterung deines Blicks, der das Besondere, das Einzigartige in alltäglichen Szenen entdecken und festhalten will.
Leidenschaft ist also der Treibstoff, der deinen kreativen Prozess befeuert und deine Fähigkeit zu tiefer Wahrnehmung und Interpretation steigert.
Wenn du dir über dein Warum im Klaren bist, wirst du früher oder später auch Wege finden, es in deinen Bildern umzusetzen.
Die Bedeutung der Leidenschaft wird auch durch ein Zitat von Ludwig von Beethoven unterstrichen.
Der legendäre Komponist sagte einmal:
„Eine falsche Note zu spielen ist unwichtig. Aber ohne Leidenschaft zu spielen, ist unverzeihlich.” Ludwig von Beethoven
Was er damit meint, ist, dass es nicht auf Perfektion ankommt.
Ebenso wenig wie in der Musik geht es auch in der Fotografie nicht nur darum, unfehlbar zu sein. Die Technik deiner Kamera solltest du zwar solide beherrschen – viel wichtger ist es aber, mit Leidenschaft in die Dynamik der Straße (oder wo auch immer du dich befindest) einzutauchen.
Lass dich nicht entmutigen, wenn du ein Motiv verpasst. Oder wenn du nach Hause kommst und feststellst, dass deine Ausbeute mager ist. Wenn du dran bleibst, wirst du automatisch besser.
Die Technik ist zweifellos wichtig. Sie allein macht aber noch keine gute Straßenfotografie aus. Es ist deine Passion, die dich dazu bringt, geduldig auf den entscheidenen Moment zu warten, dich ins Getümmel zu stürzen und den eigenen Blickwinkel zu schärfen.
Die Straße ist eine sich ständig verändernde Bühne, und nur wer mit Hingabe bei der Sache ist, kann den Zauber einfangen, der in alltäglichen Situationen verborgen liegt.
Sie ist die treibende Kraft, die dich dazu bringt, Schönheit in scheinbar banalen Szenen zu suchen und das Unsichtbare sichtbar zu machen. Es geht darum, in den Geschichten der Straße zu schwelgen, in den kleinen Gesten und großen Emotionen, die oft übersehen werden.
Die Bedeutung der Leidenschaft in der Straßenfotografie liegt auch darin, dass sie es dir ermöglicht, deinen eigenen Stil zu entwickeln. Bild für Bild entwickelst du die Fähigkeit, dich auf die Welt um dich herum einzulassen und dabei authentisch zu bleiben.
Im Laufe dieses Prozesses gibst du deinen Bildern eine immer deutlicher erkennbare Handschrift. Du prägst deinen eigenen kreativen Ausdruck, der es dir erlaubt, eine einzigartige Perspektive zu schaffen.
Straßenfotografie erfordert nicht nur handwerkliches Können, sondern vor allem Neugier auf die Welt, die du einfängst. Es geht darum, nicht nur zu sehen, sondern wirklich zu fühlen und zu verstehen.
Warum fotografierst du? Wofür brennst du?
Weiterführende Quellen
Auch wenn es in Simon Sineks Buch “Frag immer erst warum”* nicht um Fotografie geht, können dir die Gedanken darin helfen, dein “Warum” in der (Straßen-)Fotografie zu finden. Es gibt auch einen sehenswerten TED-Talk von Simon Sinek zu diesem Thema.
Zwei weitere Bücher, die sich im weitesten Sinne mit Kreativität beschäfigen – und ebenfalls nicht von Fotografen geschrieben wurden – sind:
Frank Berzbach: Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen*
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