Street Photography fängt das Leben in seiner rohen, ungeschminkten Form ein. Schräge Blickwinkel und technische Unzulänglichkeiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Was in anderen Genres als zu vermeiden gilt, kann in der Street Photography ein wirkungsvolles Mittel sein, um die Authentizität und Dynamik des urbanen Lebens zu vermitteln.
Ganz wichtig: Dies soll kein Aufruf zum Schludern sein. Wie bei allen Werkzeugen und Techniken kommt es auf den bewussten Einsatz an und sollte nicht als nachträgliche Erklärung für missglückte Kompositionen dienen.
Spontaneität und Authentizität
Ein leicht geneigter Horizont kann die Spontaneität und Zufälligkeit eines Moments unterstreichen. Er vermittelt oft den Eindruck, dass die Szene ohne sorgfältige Vorbereitung schnell eingefangen wurde, was die Authentizität des Moments verstärkt. Technische Unzulänglichkeiten wie Unschärfe, Körnigkeit oder Belichtungsfehler zeigen, dass das Foto in einer dynamischen und unvorhersehbaren Umgebung aufgenommen wurde. Diese Elemente unterstreichen die Authentizität der Szene und bringen den Betrachter dem erlebten Moment näher.
Dynamik und Spannung
Schräge Horizonte erzeugen visuelle Spannung und ziehen den Betrachter in die Szene hinein. Eine Neigung kann Bewegung und Energie suggerieren und so die Dynamik des städtischen Lebens besser einfangen. Technische Unvollkommenheiten tragen ebenfalls zur Spannung bei, indem sie die Perfektion durchbrechen und den Blick des Betrachters auf die wesentlichen, oft emotionalen Aspekte der Szene lenken.
Ästhetische Ausdruckskraft
Schräge Horizonte und technische Fehler können eine künstlerische Komponente hinzufügen und eine bestimmte Stimmung oder Perspektive verstärken. Diese Techniken sind besonders wirkungsvoll, um eine ungewöhnliche oder provokative Sichtweise zu präsentieren. Oft setzen Fotografen solche Fehler bewusst ein, um einen bestimmten ästhetischen Effekt zu erzielen, der an die Anfänge der Fotografie erinnert oder eine nostalgische Atmosphäre schafft.
Die persönliche Handschrift des Fotografen
Schräge Horizonte und Unvollkommenheiten können Teil des individuellen Stils eines Fotografen sein. Sie ermöglichen es dem Fotografen, seine persönliche Sichtweise und seinen Umgang mit dem urbanen Umfeld zu vermitteln. Diese Techniken helfen, einen einzigartigen visuellen Ausdruck zu entwickeln und sich von der Masse abzuheben.
Kulturelle und geschichtliche Reflexion
Ältere Straßenfotografien, die mit analogen Kameras aufgenommen wurden, weisen oft natürliche technische Mängel auf. Diese können einen historischen Charme haben und die Entwicklung der Straßenfotografie im Laufe der Zeit widerspiegeln. Technische Unzulänglichkeiten in modernen Aufnahmen können bewusst eingesetzt werden, um eine Verbindung zu dieser reichen fotografischen Tradition herzustellen.
Beispiel: Garry Winogrand
Garry Winogrand, einer der einflussreichsten amerikanischen Straßenfotografen des 20. Jahrhunderts, ist bekannt für seine dynamischen, lebendigen und manchmal chaotischen Bilder des urbanen Lebens. Schräge Horizonte und technische Imperfektionen spielen eine zentrale Rolle in seiner Fotografie und tragen maßgeblich zu ihrem charakteristischen Stil und ihrer Wirkung bei.
Probiere es selbst aus
Die beschriebenen Techniken bieten eine spannende Möglichkeit, die Vielseitigkeit und Tiefe der Street Photography zu entdecken. Als Aufgabe für deinen nächsten Fotowalk: Versuche bewusst, mit schrägen Horizonten und technischen Unzulänglichkeiten zu arbeiten. Lass dich auf das Unvorhersehbare ein und erlebe, wie diese Elemente deine Bilder verändern.
Teile deine Ergebnisse und Erfahrungen mit uns – wir sind gespannt auf Deine kreativen Interpretationen.
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Mit den Teilnehmer:innen der Visual Storytelling Akademie von “Abenteuer Reportagefotografie” veranstalten wir regelmäßige Bildbesprechungen bei Zoom.
Dabei bekommst du konstruktives Feedback zu deinen eingereichten Street-Bildern und lernst aus den Diskussionen mit den anderen.