Henri Cartier-Bresson prägte den Begriff des "entscheidenden Moments" in der Fotografie. Gemeint ist damit das Einfangen der Essenz eines Augenblicks, in dem alle Elemente einer Szene perfekt zusammenkommen. Besonders in der Straßenfotografie ist das Konzept des entscheidenden Augenblicks von zentraler Bedeutung, da sie oft flüchtige und spontane Momente einfängt, die die Vielfalt des menschlichen Lebens im öffentlichen Raum zeigen.
Wir schauen im Folgenden darauf, wie du das Konzept des entscheidenden Moments in der Straßenfotografie effektiv anwenden und üben kannst, um zu einzigartigen Bildern zu gelangen.
„Der Fotograf muß das Leben aus der Überraschung heraus — sozusagen beim Sprung aus dem Bett — aufnehmen. die Fotografie hält keineswegs das Leben auf, sondern überrascht es in seinen Augenblicken höchster Dichte oder vielmehr Leichtigkeit, denn es geht nun einmal nicht darum, mit Bedeutung übersättigte und mit Botschaften überladene Szenen festzuhalten. Das Leben streift und geht vorüber. Um es einfangen zu können, muß sich der Fotograf diesem Gesetz unterordnen und wie auf dem Sprung fotografieren.” Henri Cartier-Bresson
5 Tipps, um den “entscheidenden Moment” einzufangen
Aufmerksamkeit: Ein wichtiger Aspekt der Straßenfotografie ist die Bereitschaft, den Moment einzufangen, wenn er sich bietet. Trage deine Kamera immer griffbereit und achte auf potenziell interessante Szenen oder Gesten. Der entscheidende Moment kommt meist unerwartet, daher ist es wichtig, schnell zu reagieren und die Kamera sofort einsatzbereit zu haben.
Geduld: Obwohl Street Photography oft mit Schnelligkeit und Spontaneität assoziiert wird, erfordert sie auch Geduld. Manchmal musst du warten, bis sich die richtige Szene entwickelt oder die richtigen Elemente zusammenkommen, um den entscheidenden Moment einzufangen. Setz dich an einen belebten Ort und beobachte, was um dich herum passiert. Mit der Zeit wirst du ein Gespür dafür entwickeln, wann sich interessante Momente entwickeln könnten.
Beispiel: Das Bild oben ist das Resultat von Geduld und Antizipation. In einer Seitenstraße von Havanna entdeckte ich diese farblich harmonische Fassade. Gleichzeitig fielen mir die Schatten der vorbeifliegenden Tauben und der vorbeieilenden Menschen auf. Beides wollte ich zusammenbringen - und zwar in dem Moment, in dem im oberen Drittel ein Vogel mit geöffneten Flügeln und im unteren Drittel ein Mensch erscheint.
Lies die Umgebung: Mache dich mit dem Ort vertraut, an dem du fotografierst. Lass die Kamera dafür zunächst beiseite. Konzentriere dich ganz darauf, was du um dich herum wahrnimmst. Und zwar nicht nur visuell, sondern über all deine Sinne. Lese, spüre und verstehe deine Umgebung. Achte auf interessante Lichtverhältnisse, faszinierende Architektur, farbenfrohe Details oder ungewöhnliche Perspektiven. Diese Elemente können dazu beitragen, eine Szene aufzuwerten und den entscheidenden Moment noch wirkungsvoller zu machen.
Antizipation und Planung: Erfahrene Straßenfotografen sind oft in der Lage, den entscheidenden Moment zu antizipieren, bevor er eintritt. Sie erkennen Muster im Verhalten von Menschen oder Ereignissen und können voraussehen, wann sich eine interessante Szene entwickeln könnte. Dies erfordert Übung und Erfahrung, aber mit der Zeit wirst du immer besser darin, den richtigen Moment zu erkennen und einzufangen.
Experimentierfreude und Übung: Das Konzept des entscheidenden Moments ist keine exakte Wissenschaft, sondern erfordert Experimentieren und Üben. Sei bereit, verschiedene Techniken auszuprobieren, sei es das Verwenden verschiedener Brennweiten, das Anpassen der Belichtung oder das Spielen mit der Komposition. Je mehr du übst, desto besser wirst du darin, sensibel für den entscheidenden Moment zu werden.
Schau mal in dein Archiv. Welche “entscheidende Momente hast du schon eingefangen? War es Zufall? Oder das Ergebnis von Erfahrung und Antizipation? Analysiere deine Bilder genau und leite daraus Erkenntnisse ab, die der künftig helfen, noch bewusster und zielorientierter zu fotografieren.
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